Ein Feuerwerk mit allen Registern

Christian Brembeck nutzte die gesamte Bandbreite der Eisenbarth-Orgel in der Stadtpfarrkirche
Christian Brembeck nutzte die gesamte Bandbreite der Eisenbarth-Orgel in der Stadtpfarrkirche

„Ersatzmann“ Christian Brembeck begeisterte zum Auftakt der Zwieseler Orgeltage


Zwiesel. Die diesjährigen „Zwieseler Orgeltage“ haben anders begonnen als erwartet – Prof. Dr. Neithard Bethke, KMD aus Zittau, hatte sich mitsamt der Hälfte seines Chores auf einer Ukraine-Konzertreise eine tückische Virusinfektion zugezogen und musste absagen. Dem „Arbeitskreis Klingende Kirche“ gelang es aber, kurzfristig hervorragenden Ersatz zu finden: Christian Brembeck.

Das reichhaltige Programm umfasste Werke von Johann Sebastian Bach bis zum zweiten Weltkrieg und eine Improvisation. Bachs Fantasie und Fuge g-moll BWV 542 ist ein Prüfstein für jeden Organisten. Brembeck gestaltete die Fantasie wirklich frei und die später entstandene Fuge – über ein flämisches Volksliedthema – glasklar. Ob man die Fuge im ICE-Tempo vortragen muss, das sei dahin gestellt, aber trotz der halligen Akustik ging kein einziger Ton verloren.

Eine weitere Herausforderung für einen Organisten sind die Triosonaten, die Bach für den Unterricht seiner eigenen Kinder geschrieben hat. Brembeck verwendete fast glockenspielartige Registrierungen und bot einen wahren Hochgenuss.
Gut ein Fünftel der 48 Register der Stadtpfarrkirchenorgel sind Zungenregister – geradezu ein Traum für die nun folgenden französischen Orgelkompositionen! Nicolas Grigny schrieb in seinem Orgelbuch vor allem liturgische Stücke über gregorianische Weisen. Sein „Pange lingua“ ist ein besonders schönes Beispiel. Die beiden folgenden Sätze brachten reizvolle Einzelregistrierungen und wurden vom Solisten mit viel Gespür für die Verzierungen und Ornamente gespielt.

Charles Marie Widor begründete die neuzeitliche französische Orgeltradition und wirkte durch Schüler wie Albert Schweizer oder Hans Klotz bis hin nach Deutschland. Sein bekanntestes Stück ist die abschließende Toccata aus der Symphonie No. 5 f-moll op. 42/5. Brembeck spielte aber nicht diese, sondern aus dieser Symphonie den Mittelsatz „Andantino quasi allegretto“. Nach dem sehr ernsthaft einher schreitenden Eingangsteil folgt ein schneller Mittelteil, der fast schon an Filmmusik erinnert, um dann wieder ganz ruhig zu schließen. Wunderschön gespielt und die Ressourcen der Orgel klug ausgenutzt…

1939 schrieb Olivier Messiaen seinen zweiten großen Zyklus „Les corps glorieux“. Um einen großen, langen Mittelsatz scharen sich ganz verschiedene Sätze, u. a. der am Sonntag gespielte „Joie et clarté des corps glorieux“, ein schwungvoller, fast übermütiger Tanz mit ruhigen Zwischenteilen. Schön, dieses Stück auf einer dafür idealen Orgel hören zu dürfen!

Max Regers Toccata und Fuge a-moll aus op. 80 ist schon fast eine Bach‘sche Strenge zueigen, eine wundervolle Klarheit. Brembecks Virtuosität, gepaart mit klanglicher Phantasie, machten dieses Werk zu einem weiteren Genuss. Das letzte „geschriebene“ Werk dieses wundervollen Orgelabends war das bekannte „Litanies“ von Jehan Alain. Die Aussage des Stückes ist, dass sich die Kirche nicht in der immer gleichen Wiederholung von Gebetsformeln erschöpfen darf… Christian Brembeck schöpfte noch einmal aus dem Vollen und entfesselte ein wahres Feuerwerk in der Stadtpfarrkirche.

Dieses tolle Orgelevent schloss mit einer Improvisation über das Lied aus dem Gotteslob „Den Herren will ich loben“ – und auch als Improvisator machte Christian Brembeck eine sehr gute Figur. Die tolle Videoübertragung ließ die Zuhörer auch visuell an dem Konzert teihaben. A. von Bismarck